Petras Bücherschätze
Klaras Tagebuch
Klaras Tagebuch
Verfügbarkeit für Abholungen konnte nicht geladen werden
Autor: Voors, Barbara
Ausgabe: 1. Aufl.
Veröffentlichungsdatum: 01-12-2000
Einzelheiten: Produktbeschreibungen leichte Gebrauchsspuren Leseprobe. Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber. Alle Rechte vorbehalten. Meine Mutter war eine emanzipierte Frau. Sie starb auf einer Vorstandssitzung am Herzinfarkt, so wie es männliche Direktoren tun. Meine Mutter war erfolgreich, und sie starb einen für erfolgreiche Menschen normalen Tod. Ich hätte es lieber gesehen, wenn sie dem Tod ein Schnippchen geschlagen, ihren Posten als einzige Frau im Vorstand behalten und statt dessen hier in der Tür gestanden hätte, um mich zu empfangen. Daß sie die Sache mit Klara nicht mir allein überlassen hätte. Magnus sieht, was ich denke, an wen ich denke. Er weiß mehr von mir, als ein Mann über seine Frau wissen sollte. Er stört mich unendlich. »Es ist nicht, wie du glaubst«, sage ich leichthin. »Ich glaube nichts.« »Aber du weißt eine Menge.« »Ja.« »Zum Beispiel?« »Daß wir hier aufräumen müssen. Und daß wir hier den ganzen Sommer bleiben müssen, daß du Ruhe brauchst und wir nicht nach Amsterdam zurückkehren können, bevor es geschafft ist.« »Ja.« »Was ist?« »Wie wäre es, wenn du in deinen Ecken aufräumst und ich in meinen?« Ich räume die Liebe aus unserem Leben weg, und das erfordert nur wenige Worte, barbarisch wenige. Liebe erfordert Sanftmut und ein gutes Gedächtnis, damit man den Anlaß für seine Versprechen lebendig hält. In den letzten Monaten - oder ist es schon länger her - ist unser Liebesleben in Vergessenheit geraten. Unser Ehebett steht verstaubt, und ich bin schuld daran, Magnus wird es nicht so weitergehen lassen: Er hat ein gutes Gedächtnis. Doch kennt auch er nicht die ganze Wahrheit. An Malin, die mich nicht mehr anfaßt, an ihrer Art, sich zu bewegen, merke ich, daß ich sarkastisch geworden bin, manchmal sogar gemein. Das ist nichts, worauf ich stolz bin, aber es hilft einem beim Überleben, besonders mit einer Geschichte, wie ich sie habe. Beim Aufräumen gelange ich ins Schlafzimmer meiner Mutter. Dort steht ein einsames Bett. Ich sehe sie vor mir, allein draußen auf der Veranda, allein im Bett, und wie sie das Essen für nur eine Person zubereitet. »Warum sind erfolgreiche Frauen so einsam?« frage ich Magnus. »Das ist nicht so einfach zu sagen«, antwortet er. Natürlich ist nichts einfach. Doch was ich mich immer gefragt habe: Warum kommt es so häufig vor? Mutter. Ich hätte öfter hier sein sollen. Ich hätte hier sein sollen. Neben ihrem Bett steht der Nachttisch, den Vater und ich in einem Sommer gebaut haben. Er ist blau, mit Rosen bemalt, die Rosen sehen eher aus wie explodiertes Preiselbeerkraut. Auf dem Nachttisch steht ein Kinderbild von Klara und mir, in genau den gleichen Kleidern mit lila Rock und gepunktetem Mieder, vor unserem Zuhause in Arnhem, in Holland. Neben dem Foto steht eins von Vater, und es geht mir durch den Kopf, wie wenig ich von meiner Mutter weiß. Dort liegt auch ein Brief. Er ist an mich adressiert. Ich starre ihn lange an, schüttle den Staub von der Tagesdecke und lege mich aufs Bett. Dann greife ich nach dem Brief. Er ist nicht beendet worden, fast nur ein Entwurf und nach dreijährigem Warten ein wenig vergilbt. Drei Jahre Warten auf mich. Dort steht: Meine geliebte Tochter, ich weiß, was Du nicht willst, und auch, was Du meinst, nicht zu können. Aber, glaub mir, ich kenne Dich durch und durch - ich, wenn überhaupt jemand, weiß, was Du tun mußt. Du hast schon verstanden. Ich will, daß Du auf den Boden hochsteigst. Dort wirst Du einen grünen Pappkarton finden, und Du wirst genau wissen, was da drin liegt. Er ist deutlich sichtbar hingestellt. Ich will, daß Du das liest, was Du dort findest, und ich bitte Dich, die Konsequenzen zu ziehen. Du mußt die Wahl treffen, die von Dir gefordert wird, um Malins willen, um Magnus' und Deinetwillen. Denke daran, daß ich Dich immer liebe. Ich weiß nicht, ob Dir das genügend Kraft geben kann. Als Mutter wünscht man, daß die eigene Liebe die Kinder vor all den Dingen schützt, die weh tun. Aber so ist es nicht. Wir wissen es nur allzu gut.
EAN: 9783378006300
Languages: Deutsch
Binding: Gebundene Ausgabe
Artikel Hinweis: Sehr gut erhaltenes Buch
Artikel Zustand: Gebraucht - Sehr gut
Share
