Petras Bücherschätze
Der Wind weht unsere Worte fort
Der Wind weht unsere Worte fort
Verfügbarkeit für Abholungen konnte nicht geladen werden
Autor: Lessing, Doris
Veröffentlichungsdatum: 01-01-2002
Einzelheiten: Über den Autor und weitere Mitwirkende Doris Lessing, 1919 im heutigen Iran geboren und auf einer Farm in Südrhodesien aufgewachsen, lebt seit 1949 in England. 1950 veröffentlichte sie dort ihren ersten Roman und kam 1953 mit "Eine afrikanische Tragödie" zu Weltruhm. In Deutschland hatte sie ihren großen Durchbruch 1978 mit der Veröffentlichung von "Das goldene Notizbuch", das seitdem zu ihrem Hauptwerk gezählt wird. Heute ist Doris Lessing eine der bedeutendsten Schriftsteller der Gegenwart, ihr umfangreiches Werk umfaßt Lyrik, Prosa und autobiographische Schriften. Im Oktober 2007 wurde sie mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Leseprobe. Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber. Alle Rechte vorbehalten. Ihr langes Haar war aufgelöst Die Sage erzählt, dass Apollon, der sich langweilte, seine Aufmerksamkeit den kleinen Wesen auf der Erde zuwandte, die alle emsig ihren Geschäften nachgingen, wie das bei uns so üblich ist. Als er Kassandra, eine hübsche junge Frau, bemerkte, sagte er: »Wie wär's mit einem Quickie? Es wird dein Schaden nicht sein, ich verleihe dir die Gabe der Prophezeiung.« »Ich habe nichts dagegen«, sagte sie, hielt aber ihr Versprechen nicht ein, als ihr bewusst wurde, dass sie in die Zukunft blicken konnte. Apollon wurde wütend. Außerdem war er rachsüchtig, damals eine bewunderte Eigenschaft. »Gib mir wenigstens einen Kuss«, sagte er, und sie war einverstanden. Während er sie umarmte, nahm er die Hälfte seines Geschenks wieder zurück: Sie konnte zwar noch prophezeien, verlor aber ihre Glaubwürdigkeit. Einige Überlieferungen sagen, dass Apollon ihr in den Mund atmete; andere, ähnlich eklig, dass er »ihren Atem einsaugte«. Doch in Wirklichkeit spie er ihr wie eine Schlange in den Mund. Schlangen spielen in der Geschichte Kassandras von Anfang an eine Rolle. Sie und ihr Zwillingsbruder wurden von den Eltern, die sich bei einem Gelage betrunken hatten, in einem Tempel vergessen. Als das Paar reumütig zurückkehrte, um die Kinder abzuholen, »leckten die heiligen Schlangen des Tempels an ihren Ohren«. So kam Kassandra nach dieser Version der Sage zu ihrer Sehergabe. Kassandra, die Tochter von Priamos, dem König von Troja, warnte mit »aufgelöstem Haar« vor dem bevorstehenden, verheerenden Krieg, aber niemand achtete auf sie. Verschiedene unüberlegte Handlungen Trojas führten zum Ausbruch dieses Krieges; die schöne Helena trug nicht allein die Schuld. Tatsächlich verhielten sich beide Seiten so - als könnten sie gar nicht anders -, dass dieser Krieg unvermeidlich wurde. Folglich brach er aus. Dann ging er weiter. Es gab damals viel von dem, was wir heute Kollaboration nennen. Selbst Kassandra, die Tochter des Königs von Troja, bekam von Agamemnon, dem König der angreifenden Truppen, zwei Kinder. Helena... nun ja, Helena ist ein interessanter Fall. In kürzeren Versionen der Geschichte oder in denen für Kinder ist sie passiv und wird von Hand zu Hand gereicht; man würfelt um sie, streitet sich um sie, begehrt sie, und sie ist immer unschuldig - wie eine Puppe oder eine lächelnde Statue, von Helligkeit durchdrungen. Als Tochter von Zeus ist sie göttlichen Ursprungs. War sie schön, weil sie göttlich war, oder göttlich, weil sie schön war? Ganz Troja liebte sie, was an die Jungfrau Maria in gewissen Ländern erinnert. Aber es ist reizvoller, sie für unwiderstehlich schön zu halten. Und sie war mit Sicherheit nicht passiv. Sie und Kassandra stellen oft verschiedene Aspekte einer Eigenschaft dar; eines der schmückenden Beiworte für Kassandra war: »Die, die Männer betört.« Kassandra wurde als Agamemnons Besitz mit der Kriegsbeute nach Mykene verschifft, und Klytaimnestra, die eifersüchtig war, ließ sie ermorden. Kassandra wusste, dass man sie und Agamemnon töten wollte: Sie »roch Blut«. Doch auch ohne Blutgeruch wäre es nicht allzu schwierig gewesen vorherzusehen, dass sie der Frau ihres Geliebten im Wege stand. Kassandra weigerte sich, den Raum zu betreten, wo man ihren Liebhaber Agamemnon, ihre
EAN: 9783442730001
Languages: Deutsch
Binding: Taschenbuch
Artikel Hinweis: Minimal nachgedunkelt
Artikel Zustand: Gebraucht - Gut
Share
